Man kann sich letztlich nur aussuchen, wen man nach welchem Schema in bestimmten Einzelfällen vielleicht oder nicht "ungerecht" behandeln will.
Menschen sind nun einmal verschieden. Aktuell gibt es 7 Milliarden oder wie viele von uns auf diesem Planeten, und keiner von uns ist wie der andere. Uns alle an einem Maßstab zu messen kann da für den Einzelnen in bestimmten Fällen gegenüber seiner tatsächlichen Situation, Charakter, Verhalten, Bedürfnissen usw. ungerecht sein, ja.
Aber was hilft es, dem begegnen zu wollen, indem man Menschen in Teilkollektive aufsplittet? Natürlich, Männer und Frauen als Gruppen betrachtet sind anders als die jeweils andere Gruppe. Aber auch zwei Männer und zwei Frauen sind verschieden. Vielfach mit Sicherheit sogar so verschieden, dass Männer und Frauen als Gruppen betrachtet einander ähnlicher sind als diese beiden individuellen Mitglieder jeweils einer Gruppe.
Das Leben ist ungerecht - bumm! Jeder erleidet mal in irgend einer Angelegenheit irgend einen Nachteil gegenüber einem anderen. Das ist eben der Preis unserer Individualität, die uns das Potenzial der Entscheidungs- und Handlungsfreiheit schenkt sowie es uns ermöglicht, für höchstpersönliche Eigenschaften und Leistungen von anderen Menschen anerkennt und geschätzt zu werden. Ohne das könnten wir nicht überleben.
Das Konstrukt einer Art "Gruppenindividualität" entwürdigt prinzipiell die Einzigartigkeit jedes einzelnen Menschen und führt praktisch direkt nach Absurdistan. Indem es nämlich Menschen künstlich und, für diese gemessen an ihren Handlungs- und Verhaltensweeisen ausweglos, ungleicher macht, als sie es von Natur sind. Menschen werden darin für Eigenschaften "bestraft", die einer Gruppe der anzugehören die sie sich nicht ausgesucht haben, zugeschrieben werden, obwohl sie sie gar nicht aufweisen. Oder eben andersherum für Eigenschaften belohnt, die ihnen persönlich gar nicht innewohnen, sondern bloß einer Gruppe, der anzugehören auch nicht ihr Verdienst ist.
Hier stellt sich nach Radbruch die Frage, ob überhaupt noch Gerechtigkeit erstrebt wird, oder bloß noch einer Ideologie gefrönt wird.