Gelände in Besitz zu nehmen bedeutet, eine gegnerische Aufstellung anzugreifen, den Gegner zu schwächen und ihn zu zwingen, Gelände aufzugeben.
Wieviel Kräfte es dazu braucht, hängt wesentlich von der Vorbereitung der gegnerischen Verteidigung ab. Ist sie schlecht, führt vielleicht schon entschlossenes Handeln mit schwachen Kräften zum Erfolg. Muss eine gründlich vorbereitete Verteidigungsaufstellung angegriffen werden, ist anders vorzugehen. In diesem Fall sind für den Stoss in die gegnerische Aufstellung möglichst günstige Voraussetzungen zu schaffen, indem in einer ersten Phase, noch vor dem eigentlichen Angriff, durch Feuer möglichst viele Waffensysteme des Gegners ausser Gefecht gesetzt werden. Aber auch wenn das gelingen sollte, ist der Verteidiger noch immer im Vorteil: Er konnte das Gelände wählen, um das gekämpft wird, und er kennt es besser als der Angreifer; der Verteidiger war auch in der Lage, seine Reaktionen auf den gegnerischen Angriff vorzubereiten und wird mehrheitlich aus geschützten oder doch getarnten Stellungen kämpfen.
Der Angreifer hat nur den Vorteil, den Angriffsort und die Angriffszeit bestimmen zu können. Er muss diese gesamthaft schlechten Voraussetzungen ausgleichen, indem er den Schwachpunkt des Gegners sucht und dort seine Kräfte für den Angriff konzentriert. Auf diese Weise gewinnt er die Feuerüberlegenheit. Aber die Kampfkraft eines Verbandes wird nicht bloss von den Kampfmitteln bestimmt. Ebenso grosse Bedeutung kann beispielsweise die Qualität der Führer oder der Ausbildungsstand der Truppe haben. Alles zählt auf der Waage, mit der Kampfkraft gemessen wird, und nicht selten gibt gerade der Mensch, der die Kampfmittel einsetzt, den Ausschlag. Wie die Überlegenheit somit zustande kommt, ist unwichtig. Aber dort, wo der Angreifer die Entscheidung sucht, muss er überlegen sein.
Kräfte sind auch auszuscheiden für Nebenaktionen wie Flankenschutz oder das vorübergehende Halten wichtiger Räume und sind bereitzuhalten, um neue Schwergewichte zu bilden. Schliesslich ist auch zu bedenken, dass nach dem endgültigen Erfolg gewonnes Gelände gegen mögliche Gegenangriffe zu halten ist, wenn diese Aufgabe nicht von nachfolgenden Verbänden übernommen wird. Einen Raum in Besitz zu nehmen, braucht also verhältnismässig viele Kräfte; sonst ist der Kampf bloss am Anfang, aber nicht auf Dauer erfolgreich zu führen.
Bei Nacht anzugreifen ist schwierig, weil der Verteidiger unter besseren Voraussetzungen kämpft: es ist leichter, in bekanntem Gelände den Kampf ohne grosse Bewegungen zu führen, als Verbände im Angriff zu koordinieren und mit Feuer zu unterstützen. Es braucht auch weniger Mut, aus Stellungen zu verteidigen, als sich diesen in der Nacht zu nähern und den Nahkampf zu führen. Wer somit bei Nacht angreifen will, muss solche Nachteile wettmachen. Zum Beispiel durch Überraschung – der jedoch moderne Aufklärungsmittel enge Grenzen setzen – oder sehr hohe Feuerüberlegenheit und überlegenen Kampfwillen. Zwingende Voraussetzung für das Führen eines Nachtangriffs ist in jedem Fall ein hoher Ausbildungsstand von Führer und Truppe. Und wer den allgemeinen Grundsatz der Gefechtsführung „Einfachheit der Aktion“ nicht beachtet, programmiert Misserfolg.