Honorable State Councilors,
ein Gesetz zur Regelung des Verkehrs mit Betäubungsmitteln stand ohnehin auf meiner To-do-Liste, und in Reaktion auf eine jüngst im Bundeskongress
entbrannte Diskussion habe ich es spontan auf die höchste Priorität vorgezoegen - ehe es am Ende wieder heißt, die Staaten kümmerten sich ja nicht um ein wichtiges Thema.
Der vorliegende Gesetzentwurf enthält wohl weltweit - jedenfalls außerhalb gewisser religiöser Sondergruppen - unstreitige Bestimmungen zum medizinischen sowie wissenschaftlichen Gebrauch von Betäubungsmitteln unter entsprechenden Voraussetzungen und Sicherheitsvorkehrungen, worauf ich wohl nicht weiter eingehen muss, daneben aber auch gewisse Bestimmungen, die ich gerne näher erläutern möchte:
Erstens, das sich Verschaffen sowie der Besitz von Betäubungsmitteln in geringer Menge zum eigenen Verbrauch wird von dem Gesetzentwurf ausdrücklich straflos gestellt.
Bei allen guten Argumenten dafür, den Zugang zu Betäubungsmitteln möglichst zu erschweren, um Abhängigkeiten und ihre Folgen gar nicht erst entstehen zu lassen - Süchtige zu jagen ist ethisch verfehlt. Der Gesetzentwurf enthält empfindliche Strafandrohungen für insbesondere gewerbs- und bandenmäßige Drogendealer, aber Drogenkonsumenten tut man keinen Gefallen, indem man ihrer Selbstschädigung notwendigerweise vorausgehende Handlungen - wie den Erwerb und Besitz geringer, von ihnen selbst zu konsumierender Mengen Drogen - auch noch unter Strafe stellt. Sie sind von den gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen ihres Verhaltens schon gestraft genug, sie zu kriminalisieren, erschwert es nur, ihnen aus ihrer Misere heraushelfen zu können.
Zweitens, der Verkauf bestimmter weicher Drogen - namentlich von Cannabisprodukten sowie bestimmter Pilzarten mit psychoaktiver Wirkung - wird unter engen Voraussetzungen und staatlicher Kontrolle legalisiert.
Das ist schlicht ein Gebot der Klugheit. Gerade diese weichen Drogen werden mehrheitlich von Menschen eingenommen, die nur neugierig sind, sich ausprobieren oder Grenzen überschreiten wollen. Unsere Polizei hat wohl wirklich Wichtigeres zu tun, als diesen Leuten hinterherzujagen, die nicht nur keinem anderen, sondern langfristig gesehen noch nicht einmal sich selbst wirklich schaden.
Im Gegenteil, indem wir diese Form des Betäubungsmittelkonsums unter staatlicher Kontrolle freigeben, schlagen wir mehrere Fliegen mit einer Klappe: Wir sparen Ressourcen, die für den Kampf gegen schwerkriminelle Händler harter Drogen benötigt werden, wir halten Gelegenheitskonsumenten von eben solchen Syndikaten fern, wir nehmen dem Konsum weicher Drogen den heroischen Nimbus des Rebellischen und Verbotenen, wir drängen Gelegenheitskonsumenten auf Grund harmloser Experimente nicht gleich in eine soziale Stellung als Kriminelle, was weit gravierendere Folgen für die Gesellschaft hätte als deren sporadischer Konsum weicher Drogen, ohne Kontakt zu kriminellen Syndikaten.
Die gerne zitierte Behauptung, Kiffer würden mit der Zeit zu Junkies, ist ebenso als falsch widerlegt wie die Behauptung, Zuschauer brutaler Filme, oder Spieler brutaler Computerspiele, würden irgendwann selbst im realen Leben gewalttätig. Das Problem ist vielmehr, dass selbst die rigorose Kriminalisierung und Verfolgung des Gebrauchs selbst weicher Drogen auch viele an sich harmlose Konsumenten auf eine gesellschaftliche Abwärtsspirale drängt, die sie in die Kriminalität und den Konsum harter Drogen rutschen lässt.
Wir haben doch denke ich lange und oft genug gesehe, wozu eine rigide Drogenprohibition führt: Zu blutigen Bandenkriegen, explodierender Beschaffungskriminalität, überfüllten Gefängnissen, und mangelndem Respekt vor einer Rechtsordnung, die sowieso zu viel Energie darauf verschwendet, puritanische Moralvorstellungen durchzusetzen, anstatt tatsächliche soziale Probleme anzugehen.
Dass Menschen im Drogensumpf versinken verhindert man nicht, indem man sie gleich für ihren ersten Joint ins Gefängnis oder meinetwegen auch eine Therapie steckt, sondern indem man ihnen eine Möglichkeit gibt, ihre Neugier zu befriedigen und ihren Schwächen zu frönen, ohne gleich mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, und Verbündete nur noch im kriminellen Milieu zu finden.
Drittens, auch wenn das Gesetz legalen Zugang nur zu weichen Drogen erlaubt, schafft es dennoch einen Rahmen für die angemessene Betreuung von harten Drogen abhängiger Menschen, durch die Möglichkeit der Einrichtung sog. Drogenkonsumräume, in denen zwar keine Betäubungsmittel gehandelt oder verkauft, aber unter sicheren und hygienischen Bedingungen konsumiert werden können, wobei jederzeit entsprechend geschultes Personal zur Hilfeleistung zur Verfügung steht, und Informationen zu ausstiegsorientierten Hilfsangeboten vorzuhalten sind.
Ich halte das schlicht für ein humanitäres Gebot, schwer drogenabhängige Menschen gehören zu den gesundheitlich wie ökonomisch schwächsten Mitgliedern unserer Gesellschaft, die unserer besonderen Fürsorge bedürfen, aber die sie wiederum nur dann überhaupt anzunehmen erwägen werden, wenn wir ihnen entgegenkommen und sie dort abholen, wo sie stehen.
Erster Schritt der Hilfeleistung für sie muss es sein, ihnen akzeptable Bedingungen für die Befrieidigung ihrer Sucht zu verschaffen, alles andere kann - soll es Erfolg haben - nur darauf aufbauen.
Honorable State Councilors,
ich habe nun viele Worte zu unterstellt recht "liberalen" Regelungen dieses Gesetzes verloren, also möchte ich abschließend noch einmal dem Eindruck entgegentreten, dieses verharmloste oder gar verherrlichte den Gebrauch von Betäubungsmitteln. Denn das ist nicht der Fall.
Das Gesetz enthält klare Verbote, Schutzmaßnahmen und Auflagen, sowie empfindliche Strafandrohungen, um unsere Gesellschaft vor den negativen Auswirkungen des Betäubungsmittelmissbrauchs zu schützen.
Es setzt lediglich in jenen Teilbereichen, da dieses sinnvoll ist, einen klaren Contrapunkt zu erweislich verfehlten drogenpolitischen Ansätzen, die sich als Manifestierung des Sprichwortes von der Kur erweisen, die schlimmer ist als die Krankheit.
Eine völlig "drogenfreie" Gesellschaft wird niemals zu erreichen sein, egal, wie viele Polizisten wir einstellen, und wie große Gefängnisse wir bauen. Eine sinnvolle Drogenpolitik bedarf nicht nur drei Säulen - Prävention, Therapie und Repression -, sondern vier Säulen. Die vierte Säule ist dabei die begrenzte und kontrollierte Integration.