Madam President,
es scheint, wir sind wohl zwei Unsterbliche in einem ewigen Kampf bis zum jüngsten Tag.
Aber Sie könnten immer noch aufgeben.
Um Sie fürs erste zu entwaffnen, reiche ich Ihnen die Hand, die Sie natürlich staatsmännisch ergreifen.
Dann nehme ich Sie bei dieser Hand und führe Sie durch den Garten der sich gabelnden Pfade.
Also schauen wir doch noch einmal in die Verfassung, was da genau steht.
Article V -The Judicial Branch
Section 1 [Judicial Provisions]
(1) Die richterliche Gewalt soll einem Obersten Gerichtshof übertragen sein [...]
(2) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen. [...]
[...]
Section 2 [The Supreme Court]
(1) Der Oberste Gerichtshof ist das Höchst- und Verfassungsgericht der Vereinigten Staaten. Seine Urteile sind bindend und endgültig.
(2) Der Oberste Gerichtshof soll mindestens aus einem Vorsitzenden, sowie gegebenenfalls aus weiteren Obersten Richtern bestehen, falls dies gesetzlich bestimmt wird. Setzt sich der Oberste Gerichtshof aus mehreren Mitgliedern zusammen, so sollen seine Urteile mit Stimmenmehrheit gefällt werden, wobei bei Stimmengleichheit das Votum des Vorsitzenden den Ausschlag geben soll.
(3) Das Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof sowie die Einzelheiten seines Geschäftsgangs sollen durch Gesetz geregelt sein.
Section 3 [Competences of the Supreme Court]
(1) Der Oberste Gerichtshof soll entscheiden
- bei Streitigkeiten zwischen einzelnen Organen oder Körperschaften der Vereinigten Staaten, hinsichtlich deren Kompetenzen und etwaiger Überschreitungen;
- bei Streitigkeiten zwischen einzelnen Staaten sowie zwischen einem oder mehreren Staaten und dem Bund;
- in Bezug auf Beschwerden, welche von jedermann mit der Behauptung erhoben werden können, durch ein Gesetz, eine Verfügung oder sonstige Maßnahme einer staatlichen Institution in seinen ihm aus der Verfassung erwachsenden Rechten verletzt worden zu sein;
- in Fällen, in denen Repräsentanten fremder Nationen oder auswärtige Staaten selbst als Partei involviert sind;
- in den ferner ihm durch die Verfassung oder auf gesetzlichem Wege zugewiesenen Fällen.
(2) In jedem Fall soll der Oberste Gerichtshof nur auf Anrufung und nicht durch Eigeninitiative tätig werden.
(3) Kommt der Oberste Gerichtshof zum Ergebnis, dass ein Gesetz, eine Verfügung oder sonstige Maßnahme mit der Verfassung der Vereinigten Staaten formal und sachlich nicht vereinbar ist, so soll die betreffende Norm nichtig sein. Stünde die Nichtigkeit jedoch in stärkerem Widerspruch zur verfassungsmäßigen Ordnung und zur Stabilität des Gemeinwesens als die Gültigkeit, so soll der Oberste Gerichtshof den Urheber der Norm unter Setzung einer angemessenen Frist zur ƒnderung ebendieser auffordern. Während jenes Zeitraumes soll die Norm Geltung behalten.
Section 4 [Interrogation of the Supreme Court]
Hält ein nachgeordnetes Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so soll es das Verfahren aussetzen und die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs einholen. Ist in einem Rechtsstreit zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Rechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt, so soll das Gericht ebenso die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes einholen.
V-3-2 bestimmt, dass der Oberste Gerichtshof nur nach Anrufung tätig werden soll. "Wo kein Kläger, da kein Richter."
Eine Anrufung des Gerichts kann nur in den nach V-3-1 genannten Fällen erfolgen, gem. Pkt. 5 damit auch V-4 und IV-6-2.
Welche Maßnahmen der Supreme Court aber am Ende all dieser Verfahren ergreifen darf, ist bis auf einen Fall in der Verfassung nicht spezifiziert.
Althergebracht kann er 1. Tatsachen und Rechtssachen feststellen, 2. Rechtsverhältnisse wandeln und 3. Beteiligte des Verfahrens zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichten.
V-2-2: "Die Richter sind dem Gesetz unterworfen." Das ist ein Verfassungsprinzip, es ist eine Regel. Sie drückt sich ebenfalls aus in V-4. Doch eine Regel kann Ausnahmen haben. Analogien, die den Anwendungsbereich einer Rechtsnorm auf verwandte Fälle erweitern, teleologische Reduktionen, die einen zu weiten Anwendungsbereich eingrenzen. Und schließlich das schärfste Schwert:
V-3-2-1 stellt so eine Ausnahme dar. Streiten wir uns hier nicht über "aufheben" oder "für nichtig erklären", denn in beiden Fällen befreit der Oberste Gerichtshof jeden von der Treuepflicht gegenüber dieser Norm, damit auch sich selbst.
Diese Norm kann darüber hinaus - auch wenn sich die Verfassung zu den Maßnahmen in allen Verfahren ausschweigt - in jedem vor dem Supreme Court eingeleiteten Verfahren zur Anwendung gebracht werden kann. Die Verfassung schränkt die Reichweite dieser Möglichkeit auch nicht ein. Der Oberste Gerichtshof hat diese weite Regelung aber teleologisch reduziert, sodass nur Normen, die mit dem Verfahren auch zusammenhängen, für eine Aufhebung in Betracht kommen.
Aber weder muss diese Norm streitentscheidend sein, noch muss diese Norm durch eine Prozesspartei gerügt werden.
Jedenfalls ist eine Norm für ein Verfahren von Belang, wenn mindestens eine Partei in einem Verfahren diese Norm zur Sprache bringt.
Und dies ist die Lage, wie sie der Oberste Gerichtshof auf der Ebene der Verfassung für Recht erkannt hat.
Alles weitere ist Gesetz, welches sich daran messen muss.