Mr. Speaker,
wahrscheinlich werden einige der Anwesenden mit den Augen rollen, wenn Sie diesen Entwurf sehen. Glauben Sie mir: Es ist definitiv nicht in meinem Interesse, diesen Antrag erneut einbringen zu müssen. Doch die Frage nach der Legitimität von Leben und Tod richtet sich nicht nach politischen Opportunitäten.
Die Ehrenwerte Kollegin Cunningham aus Hybertina hat in einer ähnlichen Aussprache vor einigen Wochen angeführt, die Todesstrafe sei nicht verfassungswidrig. Das ist sicherlich richtg, auch wenn ich - anders als die geschätzte Kollegin - nicht an eine Unumstößlichkeit von Supreme-Court-Urteilen glaube. Die Diskussion der Verfassungsmäßigkeit ist auch in keiner Weise das zentrale Argument gegen die Todesstrafe. Ich möchte, da meine Position sicherlich allen Anwesenden bekannt ist, auch nicht auf die moralische Seite dieser Diskussion eingehen. Sein Gewissen muss jeder mit sich selbst ausmachen.
Lassen Sie mich über einen Fall sprechen, der in 99,9 Prozent der verhängten Todesurteile nicht eintreffen wird. Einen Fall, vielleicht einer unter Tausenden, in dem ein falsches Urteil gefällt wird. Ich glaube voll und ganz daran, dass unsere Strafverfolgungs- und Justizbehörden sich in jedem einzelnen Fall und bei jedem einzelnen Urteil darum bemühen, jeglichen Zweifel auszuräumen und Irrtümer mit aller möglichen Sorgfalt zu verhindern. Der eine Fall, von dem ich spreche, ist deswegen kein Vorwurf und kein Ausdruck des Misstrauens gegen die vielen Beamten und Helfer im Justizbereich.
Dieser eine Fall, auf den ich mich berufe, beruht auf der Fehlerhaftigkeit des Menschen. Wir haben Gesetze, weil Menschen Fehler machen. Wir haben Korrekturmechanismen, weil Menschen irren. Wir haben Entschuldigungen, weil Menschen Fehlverhalten einräumen. Im Justizbereich haben wir die Möglichkeit, falsche Urteile aufzuheben. Nicht erst seit der Bibel wissen wir, dass Menschen Irrtümer begehen und Fehler machen. Auch dann, wenn sie versuchen, das zu vermeiden. Auch dann, wenn es ein Vier- oder Acht-Augen-Prinzip gibt. Auch dann, wenn eine Angelegenheit scheinbar ausreichend oft hin- und hergewendet wurde. Fehler passieren - auch den besten. Auch in der Justiz.
Wir alle sind uns einig, dass fehlerhafte Urteile in jedem Falle verhindert werden müssen, ob sie nun in einem Todesurteil resultieren oder nicht. Aber wer fälschlicherweise in Untersuchungshaft saß, kann freigelassen werden. Wer fälschlicherweise viele Jahre hinter Gittern verbracht hat, kann entschädigt und wieder in die Gesellschaft integriert werden.
Was aber, wenn trotz guten Willens ein böser Fehler passiert? Eine Ermittler, der etwas übersehen hat? Ein Richter, der etwas überlesen hat? Ein Zeuge, der etwas vergessen hat? Was, wenn das ein Mal in tausenden Fällen geschehen sollte? Dann, in diesen einem Fall, hätte der Staat - grundlos getötet, seine Unschuld verloren, seine Fehlbarkeit ein Leben kosten lassen. Er hätte jemandem das Leben genommen, ohne dass es dafür einen Grund noch eine Rechtfertigung gegeben hätte. Dieses Urteil könnte niemand mehr aufheben.
Der Beweis der Unfehlbarkeit des Menschen wurde jedoch seit Beginn der menschlichen Geschichte nicht erbracht. Wer für die Todesstrafe eintritt, geht also davon aus, dass die Justiz nicht nur gerecht, sondern unfehlbar ist. Wäre die Todesstrafe 100%ig sicher, so ließe ich all meine Zweifel fahren; sie ist es aber nicht und kann es nicht sein, solange sie von Menschen verordnet wird.