Einer gemeinsamen Werbekampge etwa der CartA-Staaten stehe ich aus verschiedenen Gründen ausgesprochen skeptisch gegenüber, denn in eben dieser Betonung einer "MN-Community" sehe ich die allmählich möglicherweise existenzbedrohenden Probleme Astors wie auch anderer Micronationen eigentlich ganz zentral mit wurzeln.
Zuvörderst durch die Verschiebung des Fokus von den einzelnen Nationen hin zu eben einer "Community", die dadurch zunehmend von eigentlich nicht selbstständig lebensfähigen Totgeburten zugemüllt wurde und wird, welche wiederum die eigentlich vitalen Staaten langsam ersticken.
Früher gab es auf dem internationalen Parkett der deutschsprachigen Micronationen eine knallharte Politik: wer keine vernünftige Homepage und nicht schon eine zumindest kleinere Weile innerer Aktivität vorzuweisen hatte, der brauchte nirgendwo betreffend irgendwas - seien es Karteneintragung, Beitritte zu internationalen Organisationen, Aufnahme diplomatischer Beziehungen o. ä. - vorstellig zu werden.
Bevor man von anderen Staaten als Gesprächspartner überhaupt ernstgenommen wurde, galt es zu beweisen, dass man ein tragfähiges Konzept und einen eigenen, aktiven Bürgerstamm hatte. Mit irgendwelchen fixen Gründungen, die aus einer schnell und billig zusammengeschusterten Homepage bestanden, und deren Gründer als einziger Bürger durch unangemeldete Staatsbesuche überall Mitstreiter zu finden hoffte, wollte niemand etwas zu tun haben.
Zynischerweise rückte man ausgerechnet mit dem Aufkommen von Kartenorganisationen wie der GF oder CartA, die sich nominell die Förderung von Qualität auf die Fahnen geschrieben hatten bzw. haben, immer weiter davon ab.
Plötzlich wurden und nicht mehr nur von MN-Neulingen, sondern selbst und vor allem auch erfahrenen Spielern zunehmend Staaten gegründet, deren alleiniger Daseinszweck auf der internationalen Ebene liegt, indem sie Rollen in weltpolitischen Szenarien oder ausgestalterischen Konstruktionen übernehmen. Das überkommene Prinzip, dass eine Micronation zunächst eine "Welt für sich" ist, und die internationale Vernetzung und Zusammenarbeit eher ein Überbau, wurde aufgegeben zu Gunsten einer "Community" als Sinn und Fundament.
Darunter hat die Qualität und Aktivität der einzelnen Micronationen ganz massiv gelitten. Anstatt "seinen" Staat, mit dem man sich aktiv identifiziert, immer weiter zu verbessern, wurden immer mehr Staaten gegründet, um eben Verbündete oder Gegner, ähnliche Nachbarn, ehemalige Kolonien oder Kolonialmächte usw. zu haben. Wurde Staat X überraschend eingestellt, geriet Staat Y dadurch plötzlich in eine verheerende Sinn- und Existenzkrise, denn er war ja überhaupt nur im Zusammenhang mit Staat X gegründet worden und niemals dazu gedacht, eigenständig ohne diesen zu funktionieren.
Solcherlei Konstruktionen und Verflechtungen prägen mittlerweile bzw. immer noch die deutschsprachige "MN-Community", und sind das tatsächliche Problem solcher Micronationen wie z. B. Astor.
Als forenbasierte Staatensimulation, die politisch wie kulturell zwar einerseits die USA adaptiert, andererseits aber eben kein Nachbau derselben ist, sondern nur von der eigenen Fantasie seiner Mitspieler begrenzte Möglichkeiten zu ihrer ganz individuellen Gestaltung gibt, ist Astor konzeptionell eigentlich "unkaputtbar".
Dass es aktuell kurz vor dem Exitus steht oder jedenfalls zu stehen scheint, liegt daran, dass es zu wenig gepflegt, und zu viel Energie in eine "MN-Community" investiert wurde, ohne die Astor angeblich nicht überleben könnte.
Und genau da liegt eben der Denkfehler. Natürlich ist Vernetzung eine gute Sache. Ich bin durchaus für eine Weltkarte mit verschiedenen MNs darauf, für diplomatische Kontakte, für Veranstaltungen wie EXPO und Fußball-WM, usw.
Aber das ist eben der Überbau, nicht das Fundament! Micronationen leben nicht von einer "Community", die Community lebt von den Micronationen. Indem dieses Verhältnis umgekehrt wurde, und auch Astor praktisch seine geistige Selbstständigkeit aufgegeben und sich der Theorie unterworfen hat, sein Schicksal sei Teil des Schicksals einer "MN-Community", hat es sich deren Probleme unnötig zu eigen gemacht.
Das Letzte, das ich darum in der aktuellen Situation sinnvoll fände, wäre ein Verzicht auf individuelle Eigenwerbung für Astor zu Gunsten der Beteiligung an einer Werbekampagne für die CartA als eine Art eigenständige Spielwelt, deren Teil Astor ist.
Es wurde bereits an anderen Stellen angesprochen, diese "MN-Community" geht ihrem Ende entgegen.
Das bedeutet nicht, dass es in Zukunft keine forenbasierten Staatensimulationen mehr geben kann oder wird, oder dass es Astor nicht mehr geben wird.
Nur müssen wir dafür von diesem Zug abspringen, ehe er uns mit sich in den Abgrund reißt - was nun keinesfalls bedeutet, uns von der CartA-Karte löschen zu lassen, nicht mehr mit dort verzeichneten Staaten zu interagieren usw.
Es bedeutet nur, wieder zu realisieren und umzusetzen, dass Astor Astor ist, und erst mal ganz für sich steht. Dass es schön ist, dass es noch andere forenbasierte Staatensimulationen gibt, und man sich mit diesen vernetzen kann. Aber das Astor nicht von und mit einer institutionalisierten "MN-Community" lebt und stirbt.