Die USA & die Freiheit
Das sehe ich differenzierter als Madison: ja, in den USA gehen die Uhren in manchen Dingen anders. So anders, aus europäischer Sicht so verrückt anders, dass man als Europäer manchmal nur noch mit dem Kopf schütteln kann. Als "eine sehr prüde und reglementierte Gesellschaft, die ihre Liberalität nur in einigen, sehr ausgewählten Sektoren hochhalten" würde ich die USA trotzdem nicht beschreiben. Diese Sichtweise ist meines Erachtens in erster Linie Ergebnis eines systematisch propagierten Antiamerikanismus, welcher eine der ideologischen und agitatorischen Säulen des trotz gewisser Ambivalenzen insgesamt eher der politischen Linken zuzuordnen Eurofaschismus ist, der sich anschickt Deutschland endgültig zu überrollen und zu unterwerfen.
Aber auf den zweiten Blick aber hat so manche Kuriosität vielleicht auch ihren durchaus intelligenten Hintergrund, einen Hintergrund aus Toleranz und echter Liberalität. Beispiel: "Nipplegate" (ihr wisst schon, Justin Timberlake, Janet Jackson und ihr Oberteil in der Halbzeit-Show des Super Bowls). Der vermeintlich aufgeklärte Europäer tippt sich schallend lachend an die Stirn und fragt sich, wie bescheuert man sein muss, um daran Anstoß zu nehmen. Der tatsächlich aufgeklärte Europäer versteht, dass es in den USA nun einmal gesellschaftliche Gruppen gibt, die so etwas nicht sehen wollen und die nicht wollen, dass ihre Kinder so etwas sehen. Er be- oder verurteilt das nicht, weil das eben eine Meinung ist welche freie Menschen sich gebildet haben und die ebenso viel Respekt verdient wie ihre eigene Meinung. Er kapiert, dass man in den USA eben den Komrpomiss eingegangen ist, dass gewisse Anlässe und Veranstaltungen von nationaler Bedeutung ebenso für alle da sein sollen wie etwa das TV-Programm der sog. "Network stations" (ABC, NBC, CBS usw.), dort also nichts unternommen oder gezeigt wird, was manche Teilnehmer oder Zuschauer stören oder verletzen kann. Wer demgegenüber keine Probleme mit Darstellungen von Gewalt, Nacktheit und Sexualität hat, wird im Kino sowie im Kabel-/PayTV reichlich fündig. Man nimmt einfach Rücksicht aufeinander, für alles ist Platz, aber eben nicht überall.
Das finde ich persönlich liberaler als die metatotalitären Ansprüche der bundesrepublikanischen Gesellschaft, die Filme und andere Medien welche in den USA entsprechend interessierten Erwachsenen problemlos und selbstverständlich zugänglich sind unter dem Deckmäntelchen des Jugendschutzes mittels Vertriebsbeschränkungen welche zu faktischer Unwirtschaftlichkeit führen belegt und sie somit auch dem Zugriff Erwachsener im Ergebnis oftmals vollständig entzieht, oder mit der Rechtfertigung, ihre Inhalte verstießen gegen Staatsideologie (z. B. Schutz der sog. "Menschenwürde") oder Staatsziele (Jugenschutz, wobei der Staat bestimmt welche Jugendlichen wie und wovor geschützt werden müssen, nicht wie in den USA weitestgehend die Eltern! Stichwort: "R-Rating") per richterlicher Anordnung gleich in die Müllpresse wirft.
Ich weiß schon welcher Einwand jetzt kommt - die Evangelikalen... Nicht auf Grund ihrer Religiösität, jedoch in ihrem Totalitätsanspruch auf die Verfügungsgewalt über die Leben ihrer Mitmenschen eine höchst unerfreuliche Gruppierung, das stimmt. Aber auch hier ist das Geschrei des modisch antiamerikanischen Europäers wieder lauter als sein Verständnis groß ist. Zum Beispiel sein Verständnis dafür, dass die politischen und gesellschaftlichen Visionen der Evangelikalen weniger gut ins Mittelalter passen, als in das Deutschland der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts! Noch unter dem "Größten Deutschen aller Zeiten" (Adenauer, laut rundfunkgebührenfinanzierter ZFD-Wahl) und seinen Nachfolgern herrschte in der Bundesrepublik eine prüde, spießige und klerikal-autoritaristische Moral, die wir uns heute kaum noch vorstellen können. Es war die Generation unserer Eltern (von vielen sog. "wertkonservativen" Politikern, Journalisten und Eva Herrmann abfällig "68-er" genannt), die im Zusammenwirken mit politischen Reformern wie etwa der Bundesregierung Brandt/Scheel jene persönlichen und gesellschaftlichen Freiheiten, über welche Jugendliche und junge Erwachsene heute gar nicht mehr nachdenken sondern sie als selbstverständlich annehmen und ausleben, gegen erbitterte Widerstände erstritten hat!
Und wenn wir hier zu Lande, eingedenk schon softpornografischer Darstellungen in Vorabendserien und Hauptsendezeitfilmen, welche vielleicht auch manch liberaler Fernsehzuschauer um diese Uhrzeit, möglicherweise mit seinen Kindern neben sich auf der Couch, nicht aufgenötigt bekommen möchte, spöttisch über das schon erwähnte "Nipplegate" schmunzeln, sollten wir nicht vergessen, welchen medialen und gesellschaftlichen Aufruhr spät abends ausgestrahlte, harmlose bis eigentlich schon irgendwie niedliche Sendungen wie "Tutti Frutti" oder "Eine Chance für die Liebe" noch vor rund fünfzehn Jahren verursacht haben!
Ebenso wenig wie wir vergessen sollten, dass z. B. in vielen Bundesstaaten der USA Ehescheidungen einfacher und unbürokratischer zu erlangen sind als in Deutschland, weil diese Staaten sich keine erzieherische und prüfende Einflussnahme auf ihre Bürger ("Trennungsjahr") anmaßen. Oder das sich unter den vermögenden und gesellschaftlich, mitunter auch politisch einflussreichen Ikonen der US-amerikanischen Pop-Kultur auch so mancher Pornostar befindet! "Bigotterie!" schreit der Antiamerikaner. "Gelebte gesellschaftliche Vielfalt und echter Pluralismus", sage ich.
Die Evangelikalen sind letztlich nur eine gesellschaftliche Strömung unter vielen in den USA, welche im Laufe ihrer Geschichte schon viele Strömungen und Ideen hat kommen und gehen sehen. Lautstärke war noch nie ein Indikator für tatsächlichen Einfluss und langfristige Bedeutung, Präsenz in der weitestgehend eurofaschistisch indoktrinierten und indoktrinären, also antiamerikanischen, deutschsprachigen Medienlandschaft noch weniger. Ich habe - nicht weil es mich persönlich weniger beträfe, sondern weil ich es für wesentlich unwahrscheinlicher halte - geringere Sorge, dass in näherer Zukunft eine evangelikal beeinflusste US-Regierung die dortige Pornoindustrie zerschlägt, als dass in näherer Zukunft in Deutschland Polizeikommandos Buchläden und Zeitungsstände stürmen, um in Vollzug einer Gesetzesänderung zur Umsetzung irgendeiner EU-Jugendschutz- oder Antisexismusrichtlinie "Playboy" und "Penthouse", "Maxim" und "FHM" zu beschlagnahmen.
Weil ich einfach denke, dass es - Evangelikalismus, gesellschaftliche Anachronismen, bizarre Uraltgesetze usw. hin oder her - an den "Graswurzeln" der US-amerikanischen Gesellschaft eine (bewaffnete
) Macht einfacher Menschen mit einem tief verwurzelten Empfinden für Freiheit gibt und immer geben wird, denen in vergleichbarer gesellschaftlicher Stellung und Funktion in Deutschland eher die stiftköpfigen Parteibuchträger konservativ-liberal-sozialer-"Wir vertreten alle außer Moslems, Alt-68-er, Gender queers, gewollt Kinderlose, Raucher, Gangster-Rapper, 'Counter Strike'-Spieler, 'Slipknot'-Fans, Quentin-Tarantino-Verehrer und andere Freaks die sich anpassen oder auswandern sollen"-50 % + x-Volksparteien gegenüberstehen.
Die Unabhängigkeit der deutschen Radio- und Fernsehlandschaft
Ich muss offen sagen, diese sehe ich so wenig gegeben dass das Radio für mich nur noch Hintergrundberieselung, vor allem beim Autofahren, und das Fernsehprogramm nur noch Unterhaltung und Zerstreuung am Abend ist, wenn ich nichts anderes zu tun oder zu nichts anderem Lust habe. Meine Informationsquellen sind Bücher, Zeitungen, Zeitschriften und vor allem das Internet, welches mir mit wenigen Mausklicks eine Fülle von Meldungen, Meinungen, Gerüchten, Diskussionen, Statistiken, Hintergründen, Analysen usw. in verschiedensten Formen, von Nachrichtenportalen über die Seiten deutscher und internationaler Zeitungen und Zeitschriften, Parteien, Interessenvertretungen, Lobbygruppen und anderem hin zu privaten Homepages und Blogs offeriert, welche kein noch so unabhängiger Radio- oder Fernsehsender auch nur ansatzweise vermitteln könnte.
Und von Unabhängigkeit kann im Falle der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nach meinem Empfinden auch keine wirkliche Rede sein. Sowohl bei den zur ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, als dem ZDF, und über diese beiden den sonstigen öffentlich-rechtlichen Radio- und TV-Sender (DeutschlandRadio, Phoenix usw.) sitzen über die Landesregierungen und -parlamente effektiv die Parteien, und diese wiederum auch nach ihren Stärkeverhältnissen, also unter dem Strich primär Union und SPD, am Drücker. Kirchen, Gewerkschaften und andere Verbände haben in den Rundfunkräten doch eher nur Feigenblattfunktion und sollen vom Parteienrundfunk (was eine genauere Bezeichnung wäre als Staatsrundfunk) ablenken. Der Deutsche Olympische Sportbund bzw. damals noch nur Deutscher Sportbund vermochte jedenfalls nicht zu verhindern, dass ich z. B. im Vorfeld und während der US-Präsidentschaftswahlen 2000 das Gefühl hatte, Al Gore war nicht nur der Kanddiat der Demokratischen Partei, sondern auch der EU-Kommission, der Bundesregierung, der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und aller Deutschen, die nach Meinung derer die hier gebührenfinanziert Meinung machen, noch alle Latten am Zaun haben (ich bin übrigens bekennend bescheuert und bekenne, dass ich für Bush war).
Ich habe etwas mehr als zwanzig Jahre meines Lebens im Sendegebiet des WDR verbracht, und hatte zu diesem lange Zeit praktisch keine Alternative wollte ich Radio hören, da Internetradio noch Zukunftsmusik war und der Landtag von Nordrhein-Westfalen echten Wettbewerb im Rundfunksektor unterbindet, indem er private Radiosender nur auf kommunaler Basis, aber nicht landesweit zulässt, und deren Empfangsqualität ist in weiten Teilen ihrer jeweils winzigen Sendegebiete erwartungsgemäß ebenso dürftig wie ihre Werbeeinnahmen. Ich hatte also mehr als genug Zeit und Gelegenheit, mir das Radioprogramm des WDR zu Gemüte zu führen, aber von Objektivität und Meinungsvielfalt habe ich in diesen vielen Stunden eher wenig bis nichts mitbekommen, die Wortbeträge des sog. "Informationssenders" WDR 2 etwa bestanden eigentlich nur aus tiefrotem Sudel und Propaganda. Eine Kostprobe davon ist in regelmäßigen Zeitabständen donnerstags in Form des Polit-Magazins "Monitor" auch im TV-Programm der ARD zu "genießen".
Stichwort Polit-Magazine im Fernsehen, würde man bei jenen der ARD einmal die Moderatorinnen vertauschen, ich hätte stellenweise Mühe zu sagen, welches nun gerade läuft. Ein Lichtblick waren, in mittlerweile schon grauer Vorzeit, Hauser & Kienzle im ZDF! Das war mal echter Qualitätsjournalismus, weil informativ, investigativ, kontrovers und pluralistisch. Leider hat man nachdem Kienzle in den Ruhestand trat Hauser zu Phoenix abgeschoben und durch Theo Koll ersetzt, der seitdem pechschwarze statt wie Sonia Mikich ("Monitor"), Anja Reschke ("Panorama" und Silke Böschen ("Kontraste") dunkelrote Propaganda vom Teleprompter ablesen darf. Leidlich genießbarer als die Damen, aber immer noch keine 18 Euro im Monat wert.
In eben jenem Maße, wie z. B. RTL von seiner Mattscheibenfolter "7 vor 7" mit den Blödeleien eines Björn-Hergen Schimpf und Hans Meiser Abstand nahm und schrittweise das heutige "RTL aktuell" entwickelte, baute vor allem das Nachrichtenflagschiff des ZDF, die 19 Uhr "Heute"-Sendung, immer weiter ab, wurde trivialer, boulevardesker und "legerer", mittlerweile sehe ich zwischen Petra Gerster und Peter Kloeppel auch keine 18 Euro Qualitätsunterschied mehr, im Zweifel wäre mir eher Letztgenannter noch fünfzig Cent wert, wenn er in der Promi-Sparte Yvonne Catterfeld erwähnt weil sie z. B. eine Auszeichnung für etwas bekommt das sie geleistet hat, statt Letizia, Maxima, Victoria, Mary oder sonst eine nervige, aristokratische Grüßaugustine, die mal wieder irgendwo von einer Flugzeuggangway gewunken hat, was im ZDF noch nicht einmal unter "Boulevard", sondern unter "Politik" läuft!
Das vermeintliche Totschlagargument von der gesellschaftlichen Wichtigkeit der Medien als "Vierter Staatsgewalt" fällt denke ich in sich zusammen, wenn man bedenkt dass es zwar keine öffentlich-rechtlichen Zeitungen oder Zeitschriften gibt, die jeder abonnieren muss, aber ausgerechnet auf diesem Gebiet tatsächliche Meinungsvielfalt besteht, gerade Zeitungen, Zeitschriften und vor allem Internetangebote die eigentlichen Garanten der Meinungs- und Informationsfreiheit sowie der politischen und gesellschaftlichen Pluralität sind! Wie ausführlich dargelegt messe ich dem Fernsehprogramm von ARD und ZDF sowie den Radiostationen der ARD keine sonderliche Bedeutung in der Meinungsbildung, sondern nur noch der Meinungsmache, zu und nutze lieber andere Quellen, die ganz ohne staatliche/parteipolitische Einflussnahme und Zwangsgebühren auskommen.
Die soziale Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
Zunächst einmal muss dem Klischee "Alle älteren Menschen, und nur ältere Menschen mögen Volksmusik" widersprochen werden. Das ist so nicht richtig, von meinen beiden Großmüttern (82 und 83) mag nur eine Volksmusik, und das schon immer, die andere macht sich schon Zeit ihres Lebens so gar nichts daraus, und auch meine Eltern (55 und 56) werden sicherlich weder in zehn, noch zwanzig, noch dreißig Jahren Volksmusik mögen, so wenig wie ich in vierzig, fünfzig oder sechzig Jahren. Dafür sitzen bei der Aufzeichnung jeder Volksmusiksendung zu einem großen Teil generationenübergreifende Familienverbände im Publikum, und es treten Künster aller Altersgruppen, von unter dreißig (Stefanie Hertel) bis über achtzig (Margot Hellweg) auf. Volksmusik ist Geschmacksache, keine, oder nur nachrangig, Altersfrage.
Auch das Vorurteil der "armen alten Leute", für die es ohne den öffentlich-rechtlichen Rundfunk keine Volksmusik mehr gäbe stimmt so nicht. Der Jugendwahn der Privatsender ist eine zeitweilige Erscheinung, die so nicht immer dagewesen ist und auch so nicht ewig bleiben wird. Zahlreiche Musiksendungen von und mit Heino liefen etwa jahrelang auf Sat.1, volkstümliche Theateraufführungen mit Peter Steiner (keine Volksmusik, ich weiß, aber an eine vergleichbare Zielgruppe gerichtet) auf RTL.
Und das Ende des Jugendwahns in der Werbung, und damit auch dem TV-Programm, ist faktisch besiegelt: die Generation, welche quasi mit Abschluss des Wiederaufbaus Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg in das Berufsleben eintrat, also ideale Bedingungen für ein erfolgreiches Berufsleben vorfand, bewegt sich zügigen Schrittes auf den Ruhestand zu. Veränderte Lebensweisen und eine bessere medizinische Vorsorge und Versorgung sichern ihr eine hohe Restlebenserwartung und durchaus hohe Lebensqualität. Es wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten in Deutschland eine stetig wachsende Zahl aktiver, gutsituierter, selbst- und lebensartbewusster Ruheständler geben, an deren Interessen und Bedürfnissen die Volkswirtschaft, und somit auch die Werbung, nicht mehr vorbeikommen werden.
Noch umso weniger, da diesen eine schwindende Zahl jüngerer Menschen gegenüberstehen wird, welche also nicht nur zahlenmäßig an gesellschaftlichem Einfluss verliert, sondern auch durch immer schlechter werdende Bildung und Bildungsabschlüsse, Ausbildungsplatzmangel, Arbeitslosigkeit, befristete Beschäftigungsverhältnisse, Leben von Praktikum zu Praktikum und anderen Gründen als Konsumentengruppe stetig an Attraktivität und Lukrativität verlieren wird. Auch als solidarisch finanzierte Garanten für die Berücksichtigung der Interessen älterer Menschen findendie öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und ihre Zwangsgebühren somit keine Daseinsberechtigung.