Madam President,
für manche wäre es anscheinend kein Problem, wenn effektiv die Bundesregierung im Verein mit den Gouverneuren die Gesetze des Bundes machen würde, indem man diese Leute einfach nebenbei noch im Kongress sitzen lässt - aber diese Frotzelei geht nun nicht in Richtung des Speakers, der in dieser Sache ja auf der Seite der Guten steht.
Also zur eigentlichen Frage: Die Bundesverfassung kennt zwei Richtungen der Gewaltentrennung, horizontal und vertikal. Die horizontale Gewaltenteilung schützt das Volk der Vereinigten Staaten vor der Errichtung einer Diktatur, indem es die Staatsgewalt des Bundes in drei separate Zweige - Gesetzgebung, Gesetzesvollzug und Rechtssprechung auf Grund der Gesetze - aufteilt.
Die vertikale Gewaltenteilung schützt die Bevölkerungen der einzelnen Staaten vor der Errichtung eines Zentralstaates, indem sie die Zuständigkeit der Staatsgewalt des Bundes begrenzt. Die Staaten sind als souveräne Staaten dem Bund beigetreten, haben dabei eine Reihe von Kompetenzen auf den gemeinsam errichteten Zentralstaat übertragen, und ihre Souveränität somit selbst beschränkt, indem sie sich auf einigen Feldern staatlicher Aufgaben dem Bund als gemeinsamer Autorität unterstellt haben.
Während der Zweck der horizontalen Gewaltenteilung in Gefahr geriete, wenn die Aufgaben der einen Staatsgewalt des Bundes ganz oder teilweise einer anderen übertragen oder von ihr ausgeübt würden, schadet es den Staaten ja nicht, wenn der Bund sie ermächtigt, auf einzelnen Gebieten, die sie ihm ursprünglich zu regeln übertragen haben, innerhalb eines von ihm gesetzten Rahmens ergänzend selbstständig tätig zu werden, sofern sie dies wünschen.
Zumal er ja selbst den Umfang der Ermächtigung bestimmt - im vorliegenden Fall verliert er effektiv keinerlei Kompetenzen, er ermöglicht nur eine größere regionale Vielfalt und Bürgerbeteiligung in der Ausgestaltung der Rechtskultur - und diese auch jederzeit durch Aufhebung bzw. Änderung des betreffenden Gesetzes modifizieren bzw. wieder rückgängig machen kann.
Und noch zu "interessenhalber" Frage des Speakers: Für mich folgt eine solche Verpflichtung des Bundes schlicht aus der Existenz von Art. VI, Sec. 5, SSec., der Verfassung, der ansonsten überflüssig wäre:
Die Verfassung errichtet einen gemeinsamen Bundesstaat der sechs astorischen Einzelstaaten. Damit dieser nicht mit der Zeit zu einem Zentralstaat mutiert, grenzt sie dessen Zuständigkeiten, die die Staaten an ihn abtreten, abschließend ab: Der Bund muss eine Ermächtigung in der Verfassung vorweisen können, um eine hoheitliche Aufgabe zu übernehmen, ansonsten sind die Staaten zuständig.
Dass die Staaten den Bund jederzeit
ersuchen können, zusätzlich zu den ihm zugewiesenen Aufgaben weitere Funktionen zu übernehmen, steht außer Frage. Die abschließende Regelung der Bundeskompetenzen soll sie ja vor zu weitreichenden Übergriffen des Bundes in ihre Souveränität schützen. Freiwillig zusätzliche Aufgaben abgeben können sie sowieso.
Wozu also die ausdrückliche Erwähnung dieser Möglichkeit in der Verfassung? Sie ergibt nur Sinn, wenn dem Bund aus der - wie die Verfassung es nennt -
Delegierung einer Aufgabe seitens der Staaten auch die tatsächliche Pflicht erwächst, sich dieser anzunehmen.
Ob das nun sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt.